Der universelle Heilsoptimismus von Papst Franziskus

Papst Franziskus hat am Mittwoch eine Ansprache über das Gute gehalten (reinhören kann man beim Radio Vatikan hier). Er sagte dort (Quelle:):

Gott hat uns nach seinem Abbild geschaffen, und wir haben deswegen im Herzen dieses Gebot: Tue das Gute und tue nicht das Böse. Alle. ‚Aber Pater, der da ist doch nicht Katholisch, der kann doch gar nicht Gutes tun! Doch, das kann er. Das muss er! Aber Pater, der da ist doch kein Christ, der kann doch gar nichts Gutes tun! Doch, das kann er. Das muss er! Nicht können, sondern müssen! Weil er das Gebot Gottes in sich trägt. Dieses sich Abschließen gegen den Gedanken, das auch andere Gutes tun können, ist eine Mauer, die uns zu Krieg führt und dazu, wie einige in der Geschichte gedacht haben: Töten im Namen Gottes. Das ist Gotteslästerung. Zu sagen, dass man im Namen Gottes töten dürfe, ist Gotteslästerung.

Bis hier hin kann ich ihm völlig zustimmen. Heiden können in einem bestimmten Sinne sogar die besseren Menschen sein. Obwohl in den „himmlischen Dingen“ blind, sind sie in den „irdischen Angelegenheiten“ oft ehrbar. Nicht selten sind sie pflichteifrige Bürger. In einem Bereich, den die Reformatoren justitia civilis genannt haben, können sie sich tugendhafter als Christen benehmen. Der Sünder ist fähig, Einzelsünden, wie z. B. das Stehlen oder Betrügen, zu meiden. Allerdings ist er unfähig, kein Sünder zu sein, also Gott versöhnt mit ganzem Herzen zu lieben.

Deshalb muss ich Papst Franziskus deutlich widersprechen, wenn er weiter sagt (Quelle):

Der Herr hat uns alle erlöst, uns alle, mit dem Blut Christi: alle von uns, nicht nur die Katholiken. Jeden! „Vater, und die Atheisten?“ Auch die Atheisten, jeden, und das Blut macht uns zu Kindern Gottes der ersten Klasse! Wir sind Kinder in dem Bilde Gottes geschaffen und das Blut Christi hat uns alle erlöst! Und wir alle haben die Pflicht, Gutes zu tun.

Hier vermischt nun Papst Franziskus die allgemeine mit der besonderen Gnade. Die letztere schenkt Gott denen, die Jesus Christus vertrauen (siehe dazu hier). Wer aus Gott geboren ist und an den Sohn Gottes glaubt, ist ein Kind Gottes. So heißt es im Johannesevangelium (Joh 1,9–13):

Das war das wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen.  Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn gemacht; aber die Welt erkannte ihn nicht.  Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf.  Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden, denen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus dem Blut noch aus dem Willen des Fleisches noch aus dem Willen eines Mannes, sondern von Gott geboren sind.

In den letzten Monate wurde viel darüber gerätselt, wo denn der neue Papst theologisch verortet sei. Ist er ein Befreiungstheologe, ein Charismatiker oder ein evangelikaler Katholik? Am Mittwoch ist er dem Denken Karl Rahners gefolgt. Dieser hat sich in seinem Aufsatz „Die bleibende Bedeutung des Zweiten Vatikanischen Konzils“ (StdZ 12/1979, S. 795–806) ausdrücklich gegen Augustinus gewandt und dem „Zweiten Vatikanischen Konzil“ einen universellen Heilsoptimismus zugeschrieben (S. 804):

Das Konzil aber sagt, daß selbst der, der meint Atheist sein zu sollen, mit dem österlichen Geheimnis Christi verbunden ist, wenn er nur seinem Gewissen folgt, daß jeder Mensch in einer Weise, die nur Gott kennt, mit dessen Offenbarung in Berührung steht und wirklich, im theologischen Sinn einer heilshaften Tat, glauben kann. Da wird gesagt, daß auch die, die in Schatten und Bildern den unbekannten Gott suchen, dem wahren Gott nicht fern sind, der will, daß alle Menschen gerettet werden, wenn sie nur ein rechtes Leben zu führen sich bemühen. Da wird betont, daß die Kirche nicht so sehr die Gemeinschaft der allein Geretteten ist, sondern das sakramentale Ur-Zeichen und die Keimzelle des Heils für die ganze Welt.

VD: BS

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15 Kommentare
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10 Jahre zuvor

Gerechtigkeit aus Werken hat 2 Haken: (1) Selbst unsere guten Werke sind vor Gott wie ein schmutziges Gewand. (2) Wir müssen nicht ein paar, auch nicht die meisten, sondern alle Werke des Gesetzes halten.
Witzigerweise habe ich diese Diskussion bisher mit Emergenten geführt: Eine weitere Schnittmenge mit der römischen Kirche 😉

Schandor
10 Jahre zuvor

Da nimmt es nicht wunder, wenn das Christentum verlästert wird. Ein ehemaliger Jesuit hat einmal – sinngemäß – gesagt, die Jesuiten arbeiten seit fast 500 Jahren daran, den Protestantismus so lange zu verwässern, bis alle Gewässer wieder nach Rom fließen.

10 Jahre zuvor

Auf die Frage nach dem vornehmsten Gebot und der anschließenden Frage, wer denn überhaupt unser Nächster sei, erzählt Jesus das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter. Das Gleichnis impliziert die Ungeheuerlichkeit, dass ein Falschgläubiger, ja letztlich ein Häretiker den Willen Gottes erfüllen könne. Das wahre Licht wird eben nicht durch die Zugehörigkeit zur Gruppe der Rechtgläubigen oder durch ein Sakrament vermittelt, sondern durch die Fähigkeit Mitgefühl zu empfinden und Menschlichkeit zu leben. Scheinbar zu simpel für manche Rechtgläubige.

10 Jahre zuvor

Mit demselben Argument werten auch die modernen „Gesellschafts-Transformierer“ die Arbeit herkömmlicher Missionare und Evangeliumsprediger gegenüber ihrer eigenen Arbeit als weniger Erfolg versprechend ab. Wenn wir aus einem Gleichnis theologische Schlüsse ziehen, die der Gesamtaussage der Bibel widersprechen, haben wir Sinn und Absicht des Gleichnisses falsch verstanden und benutzen das Gleichnis für unsere Zwecke. Ich wiederhole: Wer auf Gerechtigkeit aus Werken hofft, fällt zurück unter den Bund der Werke und muss dem entsprechend das ganze Gesetz halten, um zu „leben“. Zu sagen, der un-erneuerte Mensch könne Werke der Gerechtigkeit tun, die vor Gott angenehm sind, heißt vorauszusetzen, dass der Mensch die Werke allein, ohne Gott tut. Die Bibel sagt aber, dass der Mensch die Werke mit Gott gemeinsam tut. Gott hat sie zuvor bereitet und es sind seine Werke. Unsere Gerechtigkeit kommt, wie diejenige Abrahams , einzig und allein aus dem Glauben.

10 Jahre zuvor

Wo ist denn von Werksgerechtigkeit die Rede? Das halte ich für hineingelesen. Nur weil hier aufgefordert wird, Gutes zu tun, hat das per se noch nichts mit Werkgerechtigkeit zu tun. Am Gleichnis vom Barmherzigen Samariter wird eines deutlich: Ein Werk das aus Menschlichkeit und Barmherzigkeit getan wird (nicht aus Berechnung) ist immer auch ein Werk das in Gott getan ist. Im Geist und Sinn Jesu zu handeln ist etwas höchst schlichtes und es widerspricht keineswegs der Gesamtaussage der Bibel. “ Was ihr getan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern das habt ihr mir getan“. Kein Mensch kann auch auch nur einziges gerechtes Werk ohne Gott (die Empfindung von Menschlichkeit und Barmherzigkeit) tun. Somit ist es allein die Intention, in der ich handle, die mein Werk gut oder schlecht macht und diese (die Intention) entzieht sich jeglicher Beurteilung von außen.

10 Jahre zuvor

Du hast Recht, dass sich deine Intention jeder Beurteilung von außen entzieht. Gott allein kennt die Herzen. Gleichzeitig gilt aber, dass in unseren „guten Werken“ selbst keine Gerechtigkeit liegt, die vor Gott gilt. Weder sind wir gerecht, noch machen sie uns gerecht, sondern es gilt allein die Gerechtigkeit aus dem Glauben an Christus, den Gerechten. Diese zugerechnete Gerechtigkeit lässt unsere Werke in Gottes Augen anders aussehen: das, was unvollkommen an ihnen ist („wie ein schmutziges Gewand“), übersieht Gott gnädig, weil wir uns nicht auf unsere Werke berufen, sondern auf Christus. Also: Tun wir die Werke und reden wir nicht drüber! Es sind seine Werke, nicht unsere.

Reply to  Christian
10 Jahre zuvor

Ein Werk ist nie ein Werk an sich, da die Gesinnung in welcher wir Werke tun, nicht von den Werken getrennt werden kann.

Jutta
10 Jahre zuvor

Also, auch auf die Gefahr hin, dass ich jetzt völlig daneben liege: wenn das so sein könnte, wieso heisst es dann in der Bibel ( vergebt, ich bin noch eher neu im Glauben und lese auch in der Bibel, aber mit genauen Angaben haperts noch) : dass man nur durch Jesus zu Gott kommt, und versöhnt ist, also durch „aktiven“ Glauben, und durch das Halten seiner Gebote „beweist“ man seine Nachfolge, das sagt Er ja auch selbst. Was heisst Erlösung denn dann genau ? Beinhaltet das dann auch gleichzeitig Versöhnung mit Gott ? Wer verschliesst sich denn dem Gedanken, dass auch Atheisten Gutes tun können… sprich sich also um andere kümmern, dass können auch andere Religionsangehörige… das kann jeder, der sich dazu entschliesst, weil eine Restahnung von Gott ( Gewissen ) in unseren Herzen ist. Ich glaube auch nicht, dass das Gleichnis die „Ungeheuerlichkeit impliziert, dass ein Falschgläubiger, ja letztlich ein Häretiker den Willen Gottes erfüllen könne“, sondern, dass er… Weiterlesen »

pride-ah!
10 Jahre zuvor

Liebe Jutta, auch wenn jeder Mensch (Atheist, Christ etc.) nach dem Gewissen Gottes handelt, und die Gebote Jesu sozusagen lebt und erfüllt, bedarf er trotzdem der Gnade Gottes! Die bedarf jeder Mensch! Immerhin ist es kein Geheimnis dass sich jeder schonmal „verfehlt“ hat oder? Da stelle ich mir immer das Bild vom Gericht vor, wenn ich vor einem Richter stehe, wegen einem Verbrechen verurteilt bin, aber zum Richter sage „Hey, Richter, ich hab Mist gebaut, aber ansonsten habe ich ein gutes Leben nach meinem Gewissen geführt“, hätte ich es nun verdient frei zu kommen? Wenn ja, dann wäre Gott aber ein schlechter Richter. Aber in der Bibel steht, Gott ist ein guter Richter, er bestraft die Menschen für das was sie falsch gemacht haben, nicht andersherum! Andererseits ist die Lage anders bei jemanden der nie von Jesus gehört hat oder die Chance hatte ihm „sein Leben zu übergeben“ . Im NT (kenn die Stelle leider nicht auswendig grad, i-wo im… Weiterlesen »

rolf eicken
10 Jahre zuvor

Also, über die theologischen Aussagen kann ich nichts sagen, was wahrscheinlich auch besser so ist. Was ich da lese ist mir zu sehr von hinten durch die Brust ins Auge gedacht. Seis drum, da verstehe ich zuwenig davon. Im letzen Absatz über die Bedeutung der Kirche wird gesagt:
„…die Kirche … ist das sakramentale Urzeichen und die Keimzelle des Heils für die ganze Welt.“ So wie ich unsere Kirchen ( ev. und kath.) erlebe, gibt es in der Kirche als Institution – Strenggläubige, Gläubige, Halbgläubige, ein bisschen Gläubige und Gleichgültige oder wird Kirche hier allein als die Vereinigung der fideistischen Apologeten (n. Kierkegaard) gesehen? Die anderen leben halt nach Pascals Wette.
MfG
Rolf

Jutta
10 Jahre zuvor

Also, Dank an pride-ah!.
Ich bin auch weitergekommen. Mir ist das zu „verquast“ habe ich festgestellt.
Jesus ist das Heil der Welt. Und nicht die Kirche. Um bisssig zu sein, auch wenn es überall echte und falsche Gläubige gibt – egal in welcher Denomination – ist die „Kirche“ nicht Keimzelle, sondern Folge von – und die Katholische Kirche ist Keimzelle von was anderem, das nicht unbedingt den Anspruch aufs biblische Christentum haben kann.
Aber Gott hat benutzt und benutzt auch die Katholische Kirche dafür um Menschen zu retten… und welche, die erkennen, die ziehen dann auch ihre Konsequenzen.
Ja, und wie gesagt wurde: wir alle bedürfen der Gnade, die Gläubigen umso mehr.
Denn ohne Gnade können wir den Weg nicht gehen. Aus eigener Kraft geht gar nüscht.

Roderich
10 Jahre zuvor

@Rolf, So wie ich unsere Kirchen ( ev. und kath.) erlebe, gibt es in der Kirche als Institution – Strenggläubige, Gläubige, Halbgläubige, ein bisschen Gläubige und Gleichgültige Stimmt. Ganz grundsätzlich hat die Kirche den Auftrag, die schlechte Nachricht (die Sündhaftigkeit des Menschen und die Hölle) und die gute Nachricht (Christus kam, um uns Erlösung anzubieten) zu predigen. Insofern kommt das Heil – wenn auch indirekt – durch die Kirche bzw. durch die Gläubigen. Es gibt natürlich viel „Un-Perfektion“ in Kirchen. Auch dort gibt es Leute, die nicht alles glauben, was die Bibel sagt, oder die es zwar glauben, aber dem nicht in allem gehorchen, was sie glauben. Und es gibt „Unerlöste“ in den Kirchen: Menschen, die noch gar nicht die Wiedergeburt durch den Glaubens erlebt haben. (Daher wird unterschieden zwischen der „äußeren Kirche“ als Institution, und der „inneren Kirche“ als dem wahren Leib Christi – also den wahren Gläubigen). (Wahre Gläubige müssen selbstverständlich keine Apologeten sein :-)) Daher braucht die… Weiterlesen »

10 Jahre zuvor

[…] Meines Erachtens findet hier eine Umdeutung des Sündenbegriffs statt, ebenso wird der Glaube neu gedeutet. Ron Kubsch hat schon vor einigen Wochen auf den Heilsuniversalismus des Papstes hingewiesen: […]

Jutta
6 Jahre zuvor

Zitat:
„Alle zwölf freilich Moslems – warum sollte ein Papst auch Christen helfen?“
https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2017/ein-geschwaetziger-politaktivist-auf-dem-stuhl-petri/

Dem Herrn Jesus soll der Sieg weggenommen werden – auf allen Ebenen.
Nur gut, dass das nicht möglich ist !

G. Behringer
6 Jahre zuvor

Lieber Christian, lieber Elmar, Das Gleichnis des Barmherzigen Samariters beginnt eigentlich mit der Frage: „Was ist das höchste Gebot? Dann geht es weiter mit der Frage: „Wer ist denn nun mein Nächster, den ich lieben soll?“ Und Jesus beantwortet diese Frage mit dem Gleichnis des Barmherzigen Samariters. Die Antwort also auf die Frage, was denn nun das höchste Gebot Gottes ist, oder wen soll ich denn unbedingt lieben, kann nicht sein: helfe dem Verunglückten, sondern liebe denjenigen der dich von dem sicheren Tod bewahrt hat! Wir müssen wissen, es geht hier nicht um Taten, sondern um Liebe! Jesus fragt doch die Pharisäer zum Abschluss seiner Rede: „Wer von diesen Dreien ist nun der Nächste von dem, der unter die Räuber gefallen ist“. Mit anderen Worten sagt doch Jesus zu den Pharisäern: „Dieser Mensch, der euch das Leben so wunderbar gerettet hat, den sollt ihr von ganzem Herzen lieben!“ Der Aufruf Jesu: „Tut nun dies genauso“, darf uns nicht vortäuschen, dass… Weiterlesen »

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