Columbia, Yale, New York. Antisemitische Demonstrationen haben sogar die Eliteuniversitäten in den USA erfasst. Die TAZ berichtet:
Demonstrierende der Cooper Union in New York, die „Free Palestine“ skandierten, schlugen gegen verschlossene Bibliothekstüren, hinter denen sich jüdische Studierende verschanzen mussten. Bei einem Protest an der New York University waren zwei Studierende mit Schildern zu sehen, auf denen „Keep the world clean“ (Haltet die Welt sauber) zu lesen war, daneben eine Zeichnung eines Davidsterns in einer Mülltonne.
An der Universität von Wisconsin, Milwaukee, riefen Students for Democratic Society zum Streik auf und betonten in Statements in den sozialen Medien, dass „Zionismus keinen Platz auf unserem Campus hat“ und verwendeten den Hashtag „#ZionismOffCampus“. Studierende der George Washington University projizierten „Glory To Our Martyrs“ and „Free Palestine From The River To The Sea“ an die Außenwände der Universitätsbibliothek.
Über 100 Studierende der University of North Carolina forderten die Universität auf, alle israelischen Unternehmen zu boykottieren sowie „Unternehmen, die Israel unterstützt haben“. Ein Redner an der University of Washington erklärte: „Wir wollen nicht, dass Israel existiert. Wir wollen nicht, dass diese zionistischen Gegendemonstranten existieren.“
Auch an der Universität von Minnesota wurde eine Rede gehalten, die explizit zur Zerstörung Israels aufrief. „Wir müssen die Zerstörung des imperialistischen zionistischen Regimes als Ziel haben, um eine erfolgreiche Intifada zu erreichen.“ Worauf die Menge skandierte: „Intifada bis zum Sieg! Es gibt nur eine Lösung: Intifada, Revolution.“
Woher kommen dieser Hass auf Israel und der Antisemitismus? Wer denkt, dafür sei der jüngste militärische Einzug der Israelis in Gaza verantwortlich, sieht viel zu kurz.
Ulrich Morgenstern und Susanne Schröter haben in der FAZ einen Gastbeitrag mit dem Titel „Die Konstruktion des Bösen“ veröffentlicht, in dem sie sich – endlich – kritisch mit der „postkolonialen Theorie“ auseinandersetzen, die seit vielen Jahren unhinterfragt an den Universitäten (mit politischer Unterstützung) implementiert wurde und nun enormen Schaden anrichtet. Theorien, die unter den Bedingungen der „Postmoderne“ entwickelt wurden, fördern nicht den gegenseitigen Respekt, sondern Machtspiele – und damit letztlich Gewalt. Dies sollte auch den Vertretern eines postmodernen Christentums zu denken geben.
Hier einige Auszüge aus dem Artikel „Die Konstruktion des Bösen“, den ich insgesamt sehr empfehle:
Denkmuster und Rhetorik der frühen postkolonialen Theorie weisen deutliche Parallelen zur marxistischen Tradition auf. Said hatte mit seiner Streitschrift just zu der Zeit Erfolg, als es linken Intellektuellen peinlich wurde, für ein ausgebeutetes Proletariat zu trommeln. Als neuer Hoffnungsträger bot sich die „Dritte Welt“ an. Unverändert blieb das dem antagonistischen Klassendenken entsprungene „oppressor/oppressed-mindset“. Diesem manichäischen Weltbild ist der Zwang zur Positionierung inhärent.
Die Forderungen nach Dekolonisierung von allem und jedem von der Kindererziehung bis zum Musikleben zeigen, wie sehr sich der Postkolonialismus von der kritischen Auseinandersetzung mit der Kolonialgeschichte entfernt hat. Man geht inzwischen von der irrigen Annahme aus, all diese Bereiche des privaten und des sozialen Lebens seien von falschem Bewusstsein, diesmal nicht bourgeoiser, sondern „weißer“, kolonialer Prägung determiniert.
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Saids These, dass jeder Europäer, der etwas über den Orient schrieb, ein Rassist oder Imperialist sei, geht auch in anderer Richtung fehl. Tatsächlich versammelt Said in seiner eklektisch zusammengetragenen Sammlung von Orientalisten auch Wissenschaftler wie Ignaz Gold ziher (1850 bis 1921) und William Robertson Smith (1846 bis 1894), die dem Orient mit unvoreingenommenem Interesse begegneten. Einige der von ihm in ein zweifelhaftes Licht Gerückten, zu denen beispielsweise Louis Massignon (1883 bis 1962) gehört, engagierten sich für die Rechte der von ihnen Erforschten, andere wie der sprachbegabte Reisende Richard F. Burton (1821 bis 1890), der unerkannt das für Nichtmuslime verbotene Mekka erkundete, und der Arabist Hamilton A. R. Gibb (1895 bis 1971) fielen durch eine schwärmerische Begeisterung für den Orient auf. Wer Said systematisch liest, dem müssen solche Widersprüche auffallen, doch in der postkolonialen Theorie geht es weniger um ein gründliches Quellenstudium als um die Reduktion komplexer Realitäten auf das schlichte Muster von Unterdrücker und Unterdrückten. Dieses kennzeichnet die Ausformulierungen der postkolonialen Theorie seit den Achtzigerjahren durch Theoretiker wie Homi K. Bhabha, Gayatri C. Spivak, Étienne Balibar, Stuart Hall und Kimberlé Crenshaw.
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Gefälligkeitsforschungen laufen fundamentalen Prinzipien der Wissenschaftlichkeit ebenso zuwider wie Forderungen, Wissenschaft in den Dienst einer politischen Allianz zu stellen. Während empirische Sozialwissenschaft fragen kann, wo, inwieweit und warum gesellschaftliche Übelstände zu verzeichnen sind und welche Faktoren zu ihrer Überwindung beitragen können, setzt aktivistische Wissenschaft diese Nachteile absolut und sich selbst als die rettende Kraft in Szene. Jede Wissenschaft, die Aktivismus einfordert, läuft Gefahr, ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren. Implizite oder explizite politische Positionierungen von Hochschulen, Instituten und Lehrveranstaltungen erzeugen zudem einen Konformitätsdruck auf Studenten und Stellenbewerber.
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